Überdimensional! Wenn Projektladung zur Verschiffung ansteht, ist absolute präzise Logistik gefragt. Dabei wird die Planung von Vor- und Nachläufen zunehmend komplexer – immer mehr Baustellen auf Autobahnen, daraus resultierende Umwege, altersschwache Autobahnbrücken, lange Wartezeiten für Transportgenehmigungen und nicht zuletzt das Thema CO2 Emissionen eines Transports erfordern ein Umdenken.
Und es gibt Alternativen: Wasser statt Asphalt!
Transporte per Binnenschiff können bei Projektladung von Vorteil sein.
Das europäische Netz von Wasserstraßen ist weitläufig. Mit dem Main-Donau-Kanal ist beispielsweise der süddeutsche Raum exzellent an das Wasserstraßennetz angeschlossen. Ob Rotterdam, Zeebrügge und Antwerpen im Westen, Hamburg und Bremerhaven im Norden oder Konstanza am Schwarzen Meer – Anschlussmöglichkeiten an internationale Häfen sind vielfältig vorhanden. Und nicht nur das: „Vor- beziehungsweise Nachläufe per Binnenschiff können besonders für Projektladung diverse Vorteile bieten. Und das nicht nur preislich.“, erklärt Jürgen Wittmann, der bei Karl Gross seit Jahren die Verschiffung von industriellen Maschinen, Anlagen und Produktionslinien betreut.
Was also spricht dafür, Transporte per Binnenschiff als Logistik-Lösung in Betracht zu ziehen?
Vorteil: Hohe Transportkapazitäten
Binnenschiffe sind echte „Platzwunder“ und verfügen über hohe Transportkapazitäten. Mit ihnen können mehrere Lots gleichzeitig verschifft werden. Der Vorteil: Ladung, die aus mehreren Teil-Partien besteht, bleibt zusammen. „Vor allem bei Großprojekten wie beispielsweise der Verschiffung von kompletten Industrieanlagen bietet es sich an, Vor- beziehungsweise Nachläufe per Binnenschiff abzuwickeln. Denn nicht selten müssen bei derartigen Projekten echte ‚Riesen‘ transportiert werden. Ob unverpackt oder in Transportkisten, solche Sendungen umfassen oft gleich mehrere Packstücke, die aufgrund ihrer Abmessungen und/oder ihrer Gewichte für Straßentransporte entweder unzulässig sind oder aber nur mit hohen Auflagen (Streckenprüfungen, verkehrslenkende Maßnahmen, Polizeibegleitung, etc.) zulässig sind.
Dabei sind zusätzliche Kosten bei Straßentransporten von übergroßen und/oder überschweren Packstücken insbesondere im Hinblick auf verkehrslenkende Maßnahmen oft nur schwer planbar. Der Hintergrund: Verkehrssituationen können sich unvorhersehbar ändern und die Notwendigkeit neuer/weiterer verkehrslenkender Maßnahmen mit sich bringen, um ein Beispiel zu nennen.
Ein weiterer positiver Aspekt:
Oft werden keine zusätzliche Verkehrsträger für ‚begleitende Ladung‘, wie etwa Montagematerial, benötigt, weil auch sie im Binnenschiff mit transportiert werden können.
„Das spart nicht nur Kosten sondern kann sich auch positiv auf die CO2 Bilanz eines Transports auswirken“, erklärt Jürgen Wittmann.
Faktor: Transportkosten
„Wenn wir rein die Transportkosten in den Fokus nehmen, stellen wir gerade bei umfangreicheren Sendungen mit übergroßen Packstücken bzw. Packstücken mit Übergewicht immer wieder fest, dass beispielsweise Vorläufe per Binnenschiff vom nächstgelegenen Binnenhafen zum Verschiffungshafen preislich zum Teil deutlich attraktiver sind, als die Transportvariante LKW“, sagt Florian Straßer, Director Business Development bei Karl Gross. „Ob und in welchem Umfang der Verkehrsträger ‚Binnenschiff‘ seinen Preisvorteil ausspielen kann, hängt aber natürlich von mehreren Faktoren ab, wie zum Beispiel dem Umfang der Sendung und dem konkreten Transportweg.“
„Nach dem, was wir aktuell aus dem Markt hören, sollen im Dezember 2023 und im Juli 2024 im Straßengüterverkehr außerdem die LKW-Mautsätze angepasst werden. Teil davon ist ein neuer Teilsteuerssatz für CO2 Emissionen. Wir rechnen hier damit, dass die Transportkosten auf der Straße noch einmal steigen werden.“
Vorteil: CO2 Bilanz
Transporte per Binnenschiff weisen – natürlich abhängig u.a. von Faktoren wie Antriebsart des jeweiligen Binnenschiffs, Transportstrecke und Ladung – relativ weniger CO2 Emissionen auf, verglichen mit einem entsprechenden Transport per LKW. „Wie hoch der Unterschied ist, lässt sich nicht pauschal sagen“, erklärt Florian Straßer. „Der Faktor CO2 Bilanz eines Transports bekommt in der Beratung von Kunden und der Planung beispielweise von Vorläufen für Projektsendungen aber immer mehr Gewicht und damit rückt auch die Alternative ‚Binnenschiff‘ oft vermehrt in den Fokus.“
Vorteil: Keine Wartezeiten auf Genehmigungen
Transporte per Binnenschiff bedürfen keiner Transportgenehmigung. „Bei Straßentransporten beträgt die Wartezeit für Transportgenehmigungen von Sondertransporten, wie es Projektladung in der Regel ist, mittlerweile zwischen sechs und acht Wochen, in manchen Fällen sogar bis zu zwölf Wochen. Das kann zu einem echten Problem werden, z.B. wenn es darum geht, dass der Verlader gegenüber seinem Kunden eine Lieferfrist einzuhalten hat, was bei Maschinen und Anlagen sehr oft der Fall ist“, sagt Jürgen Wittmann. „Natürlich ist ein Transport per Binnenschiff gegenüber einem Straßentransport die langsamere Transportvariante, wenn man die reine Laufzeit betrachtet. Aber den Vorteil ‚Laufzeit‘ kann die Straße zunehmend weniger ausspielen.“ Aufgrund der zahlreichen Baustellen auf Autobahnen kann es sogar dazu kommen, dass Transportgenehmigungen für die Straße bei Projektladung erst gar nicht erteilt werden.
Spielen Transportgenehmigungen gar keine Rolle, wenn überdimensionale oder schwere Packstücke per Binnenschiff transportiert werden? Doch! „Bei Transporten per Binnenschiff kann das Thema Transportgenehmigungen meist nicht gänzlich umgangen werden – die Ladung muss schließlich zum nächstgelegenen Binnenhafen befördert werden – allerdings sind kürzere Transportstrecken in der Regel weniger problematisch“, so Jürgen Wittmann.
Vorteil: Verschiffungen „24/7“
Anders als bei Transporten per LKW gibt es in der Binnenschifffahrt keine zeitlichen Transportbegrenzungen wie etwa Tagfahrverbote. „Diesbezüglich erscheint die Binnenschifffahrt sehr flexibel. Allerdings müssen wir bei der Planung von Inlandstransporten per Binnenschiff natürlich die Pegelstände im Blick haben“, erzählt unser Projektspezialist.
Vorteil: Fließend vorankommen statt Transportbehinderungen durch Baustellen
Im Gegensatz zum Straßenverkehr, „fließt“ die Binnenschifffahrt dennoch. Baustellenbedingte Transportbehinderungen gibt es keine. Für LKW mit übergroßer Ladung gibt es bei Baustellen oft kein Durchkommen – die Fahrspuren sind zu schmal, und zunehmend kommen Baustellenbegrenzungen aus Beton zum Einsatz. „Die können nicht einfach beiseite geschafft werden, um eine Engstelle zu passieren“, sagt Florian Straßer. Die Folge: Es müssen weite Umwege in Kauf genommen werden. „Das ist weder zeitlich effizient noch halten wir das mit Blick auf die Umwelt für gut, wenn es darum geht, den CO2 Ausstoß eines Transports so gering wie möglich zu halten.“
Nur etwas für umfangreiche Sendungen? Nein!
Auch wenn die eigene Ladung ein Binnenschiff nicht komplett ausfüllt, kann eine Sendung von den Vorteilen eines Binnenschiffstransports profitieren. Abgesehen von Voll-Charter-Lösungen, bei denen das gesamte Binnenschiff für die Ladung nur eines Kunden gebucht wird, gibt es auch Teilcharter-Lösungen, bei denen Ladungsstücke verschiedener Ablader auf einem Binnenschiff transportiert werden.